Home      Kontakt
  German English History Bibliography  
    • F/I Stratum e • F/I Stratum d/2 • F/I Stratum d/1 • F/I Stratum c • F/I Stratum b • F/I Stratum a    
 
 

Die Friedhöfe des Areals F/I der Straten d/2 (H) und d/1 (G/4),
späte 12. und frühe 13. Dynastie

von Robert Schiestl
 
 
  Der Friedhof des Stratums d/1:
In der folgenden Schicht Str. d/1 (= G/4, frühe 13. Dynastie) wurde im Bereich der Siedlung ein groß angelegter Neubau errichtet: ein palatiales Wohngebäude (Abb. 1 und Abb. 2), bestehend aus mehreren Elementen mit mindestens zwei Wohntrakten. Die Architektur dieses als Palast bezeichneten Gebäudes ist ägyptisch. Diese große Anlage überbaute auch zum Teil die siedlungsnahen Gräber des Str. d/2. Im Bereich des Friedhofs im Süden wurde ein Garten angelegt (Abb. 3).
 
 
 
   
Abb. 1   Abb. 2   Abb. 3
 
 
  In der Folge wurde jedoch dieser Garten auch wiederum als Nekropole genutzt, wobei die darin befindlichen älteren Bauten respektiert wurden. Diese Nekropole, die so genannte "Palastnekropole" von Tell el-Dabca, unterscheidet sich im Layout grundsätzlich von der älteren Nekropole des Str. d/2. Die Gräber wurden in mehr oder weniger regelmäßigen parallelen Reihen angelegt, von denen vier bisher teilweise erfasst wurden.

Die Grabbauten sind durchschnittlich größer und aufwendiger; Grubengräber, Kistengräber und kleine Kammergräber sind verschwunden. Es handelt sich um einen Elitefriedhof, wobei unklar ist, in welchem genauen Bezug die Bestatteten zu dem nördlich gelegenen "Palast" stehen. Besonders groß sind die Grabanlagen, welche unmittelbar südlich des "Palastes" ansetzen, in Reihe 2: die Gräber l/19 Nr. 6, Nr. 1, m/19-Nr. 22, m/18/19-Nr. 12, m/18-Nr. 3 (Abb. 4) und m/18-Nr. 2, sowie eine Grabanlage im SW Eck der ausgegrabenen Nekropole, p/21-Nr. 1.

Während bisher Eselbestattungen in den Eingangsgruben vor den Gräbern die Ausnahme waren, sind sie nun die Regel. Häufig werden sie mit Opfern von Schafen und Ziegen kombiniert. Von einigen Anlagen sind Reste der Oberbauten erhalten, jedoch jeweils nur die Fundamentlagen, sodass über das ursprüngliche Aussehen nur spekuliert werden kann. Eine Rekonstruktion, in Anlehnung an die gut erhaltenen Kenotaphe des Mittleren Reiches in Abydos, welche unter der Leitung von David O’Connor ausgegraben wurden, gibt die Oberbauten mit einem tonnenförmigen Gewölbedach wieder (Abb. 5).
Die Oberbauten entsprächen somit der Form der Kammern, die mit Tonnengewölben überdacht sind.

Ein "Flug" durch die Nekropole (Film) vermittelt einen Eindruck, wie dieser Friedhof ursprünglich ausgesehen haben könnte. Die Gestaltung der Oberbauten hätte aber auch anders erfolgt sein können: Eine mögliche Variante ähnelt der Form ägyptischer Sarkophage (Abb. 6).
 
 
 
     
Abb. 4   Abb. 5   zum Film   Abb. 6
 
     
  Unter den Bestatteten ist im Vergleich zum Friedhof des Str. d/2 der Anteil der Kinder deutlich und jener der Frauen leicht zurückgegangen – diese Bauten wurden mehrheitlich für erwachsene Männer errichtet. In mehreren Grabkammern fanden sich Spuren von Särgen (aufgrund der Lagerungsbedingungen im Boden des durchfeuchteten Nildeltas sind organische Materialien wie Holz nicht mehr erhalten), auch zahlreiche Fragmente von Kalkstein könnten von zerschlagenen Sarkophagen stammen. Die Gräber dieses Stratums waren reich ausgestattet, aber auch besonders stark beraubt.

Die Beigabenkeramik besteht wieder vorwiegend aus großen rundbodigen Niltonschalen aus grobem Nilton (Nilton C) und Trinknäpfen aus feinerem Nilton (Nilton B 1 und 2) (Abb. 7). Die Form der Flaschen für Bier und Wasser hat sich deutlich geändert - sie weisen nun einen kurzen geraden Hals auf, die Mündungslippe ist rund und an der Innenseite mit einer konkaven Einbuchtung versehen. Der Anteil der Importkeramik aus Syrien-Palästina hat deutlich zugenommen und beträgt nun ca. 24 %.

Am häufigsten sind Amphoren (Abb. 8). Während aus dem Bereich des Palastgartens auch Scherben von Kamaresware aus Kreta gefunden wurde, sind in den Gräbern keine ägäischen Keramikimporte belegt. Ein Schmuckstück (Abb. 9) jedoch, in Form eines goldenen Anhängers mit der Darstellung zweier antithetischer Hunde, verweist ikonographisch in den Bereich der Ägäis. Der Schmuck fand sich in Grab p/17-Nr. 14 im Süden des Friedhofs (Abb. 10 und Abb. 11). In mehreren Gräbern fanden sich zahlreiche Perlen aus Halbedelsteinen ägyptischer Herkunft und Verarbeitung, wie Amethyst, Achat, Karneol und Granat. (Abb. 12).
 
 
 
   
 
Abb. 7   Abb. 8   Abb. 9
   
Abb. 10   Abb. 11   Abb. 12
 
 
  Die zahlreichen Waffenfunde sind typologisch weiterhin levantinisch, wie z.B. ein Prunkdolch mit Goldapplikationen
(Abb. 13).
 
 
Abb. 13
 
 
  Ein Goldring mit einem beschädigten Skarabäus aus Amethyst (Abb. 14) überliefert uns auch einen partiellen Titel und Namen: Als Rekonstruktion des Titels wurde von M. Bietak "Vorsteher der Fremdländer", von G. Martin "Fürst von Retenw" vorgeschlagen. Den Namen lesen sie entweder Sobekemhat oder Disobekemhat.

Welche genaue Tätigkeit die in dieser Nekropole bestatteten Menschen ausführten wissen wir nicht. Der Aufwand der Ausstattung und der Beigaben der Gräber lässt auf einen gestiegenen Wohlstand schließen. Die Menschen agierten sehr erfolgreich an der Schnittstelle zwischen der Levante und Ägypten, und hatten, wie ihr Grabinventar vermittelt, Zugriff auf beide Märkte.

In den Oberbauten waren noch Reste von Keramik vorhanden, die von Opferhandlungen zeugen. Einerseits Formen die vermutlich im Zusammenhang mit der Präsentation stehen, wie hohe Röhrenständer, andererseits Reste von Opfergaben wie Bierflaschen und Näpfe. Da einige dieser Formen jünger zu datieren sind als das Str. d/1, geben sie uns auch Hinweise darauf, dass die Versorgung der Toten relativ lange anhielt.
 
 
 
Abb. 14
 
 
 
 
Literatur:
Bietak M.
Der Friedhof in einem Palastgarten aus der Zeit des späten mittleren Reiches und andere Grabungsergebnisse aus dem östlichen Nildelta. Tell el-Dabca 1984-1987, Ägypten und Levante 2, 1991, 47-75.
 
Eigner D.
A Palace of the Early 13th Dynasty at Tell el-Dabca, in: BIETAK, M. (Hrsg.), Haus und Palast im Alten Ägypten, Untersuchungen der Zweigstelle Kairo 14, Denkschriften der Gesamtakademie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 14, Wien 1985, 73-80.
 
Schiestl R.
Some Links Between a Late Middle Kingdom Cemetery at Tell el-Dabca and Syria-Palestine: The Necropolis of F/I, Strata d/2 and d/1 (= H and G/4), in: M. BIETAK (Hrsg.), The Middle Bronze Age in the Levant. Proceedings of an International Conference on MB IIA Ceramic Material in Vienna, 24th –26th of January 2001, Contributions to the Chronology of the Eastern Mediterranean 3, Denkschriften der Gesamtakademie 26, Wien 2002, 329-352.
 
Eine archäologische Notiz: Eine neue Parallele zum Anhänger aus Tell el-Dabca aus dem Petrie Museum, University College London, Ägypten und Levante 10, 2000, 127-128.
 

Three Pendants: Tell el-Dabca, Aigina and a new silver pendant from the Petrie Museum, in: J. L. Fitton (Hrsg.), The Aigina Treasure. Aegean Bronze Age jewellery and a mystery revisited, London 2009, 51-58.