Home      Kontakt
  Deutsch English Geschichte Bibliographie              
 
 

Areal A/IV

von Irmgard Hein
 
 
  In den Jahren 1989-91 wurden in Tell el-Dabca nördlich vom Grabungshaus Ausgrabungen im Areal A/IV unter der Direktion von M. Bietak und J. Dorner durchgeführt.

Als Vetreter der Ägyptischen Antikenverwaltung waren Ali Amreya, Ibrahim Suliman und Hisham Mohamed tätig.

Das Gebiet umfasste mehrere Planquadrate, die freigelegten Schichten gehören insgesamt einem weitgefaßten Zeitraum (Str. H –A), allerdings mit einer Belegungslücke aus Stratum C (Abb. 1), (Hein, 1992, Hein 2003).
 
 
 
Abb. 1
 
 
  Die älteren Siedlungsschichten
Die frühesten Siedlungsschichten konnten 1991 in den unmittelbar südöstlich an den modernen Dorffriedhof angrenzenden Planquadraten G/4-6 angeschnitten werden. Sie enthielten einfache Mauerstrukturen mit Herdstellen und Gefäßständen und sind nach den Keramikbefunden jedenfalls der Phase H, oder sogar noch früher Phase I zuzuordnen, sodaß die Datierung der untersten Schicht etwa in das Ende der 12. Dynastie zu setzen ist (Datierung nach Kopetzky, PhD., unpubliziert).

In den weiter südöstlich liegenden Planquadraten (H/3-7 und J/4-5) kamen spätere Siedlungsreste mit kleinen Häusern zutage. So z.B. ein annähernd quadratisches Haus mit vier Räumen, ein weiteres mit zwei Räumen und dazwischen liegende Hofstrukturen mit einer Gasse (Abb. 2).
 
 
 
Abb. 2
 
 
  Aufgrund des Fundmaterials sind die Baustrukturen den Straten G und F (>>siehe Chronologie) zuzuordnen, was dem Zeitraum der 13. Dynastie entspricht.

Die Gräber in Areal A/IV
In dieses Gelände schneiden Gräber von oben ein. Die zugehörige Bauschicht war nicht mehr als durchgehender Horizont erhalten. Entsprechend dem Fundmaterial sind sie aber den Str. F – E/1 zuzuweisen, somit stammen sie also aus dem Zeitraum der 13. Dynastie bis einschließlich der frühen Hyksoszeit. Die Gräber zeigen typsche Merkmale der syro-palästinensich beeinflussten Mischkultur des Ostdeltas, die sich hier in der 13. Dynastie und während der 2. Zwischenzeit etabliert hatte (>>siehe Areal A/II).

Es handelt sich um Kammergräber, verschiedener Größen, aus Schlammziegeln, mit einfacher oder mehrfacher Belegung, wie sie auch aus Areal F/I oder A/II bekannt sind.
Die Gräber waren fast alle beraubt, enthielten aber immer noch einige bemerkenswerte Fundstücke, wie figural verzierte und inkrustierte Tell el-Yahudiya-Krüge oder kleine Steinperlen (vgl. Katalog, 1994). Die Menge der Beigaben ist unterschiedlich.
 
 
 
Beispiele für Grabbeigaben:
Krug   Umzeichnung   Kette
   
Abb. 3   Abb. 4   Abb. 5
Krug   Krug   Krug
   
Abb. 6   Abb. 7   Abb. 8
A/IV-H/3 - Grab 6
Töpfchen   Grabinventar   Amethystkette
   
Abb. 9   Abb. 10   Abb. 11
A/IV-H/6 - Grab 11   A/IV-H/6 - Grab 13
Grabsituation   Grabsituation
 
Abb. 12   Abb. 13
 
 
  A/IV, H/6+7 Grab 4-5 bestand aus zwei Kammern (Abb. 14). Die größere diente zur Aufnahme von zwei Bestattungen, die in einem kastenförmigen Sarkophag beigesetzt gewesen waren, wie anhand von weißen Kalkresten in Form einer rechteckigen Umrandung der Leichen bei Ausgrabung zu erkennen war (Abb. 15).

In der kleineren, nördlich angesetzten Beigabenkammer wurden Opfergaben deponiert, besonders Fleischbeigaben auf Tellern. Vor dem Grab wurden zwei Eselbestattungen festgestellt. Auf dem Giebel der Beigabenkammer wurden ein Set von Spielsteinen gefunden, bestehend aus sechs kleinen Tetraedern (Kalkstein), sechs scheibenförmigen Spielsteinen aus Knochen, geschnitzten Stäbchen (Knochen) und polierten Astraguli (Abb. 16).
 
 
 
   
Abb. 14   Abb. 15   Abb.16
 
 
  Ein Fundobjekt aus der Siedlung aus Umgebung eines Grabes (vermutlich Grabaushub vermischt mit Abfall der Entstehungszeit des Grabes) war ein Rollsiegel mit dem Königsnamen des Königs Amenemhet III. In dessen Fundkontext sich auch ein dreiseitig verwendbarer Gussmodel (zweischalig) aus Chloritschiefer befand, sowie Keramik die etwa Stratum F., also der späten 13. Dynastie bis frühesten Hyksoszeit entspricht (Abb. 17 - Rollsiegel Nj-M3ct-Rc und Abb.18 - zugehöriger Fundkomplex).
 
 
Abb. 17 Abb. 18
 
 
  Die jüngere Phase des Seebeckens
In den erhaltenen älteren Teil der anstehenden Siedlungsschichten schneidet von oben her ein großes Beckens ein, das in zeitlichem Abstand später zu datieren ist. Vermutlich gehörte die Struktur zum Sutechdistrikt von Piramesse (vgl. BIETAK, 1990).

An der Nordseite des Beckens (Abb. 19 - Übersichtsplan, G. Wiplinger) lagen Kalk-steinblöcke teilweise noch in situ, sie sind als Reste von einem Stiegenabgang zum Becken zu interpretieren. Das Becken selbst hat zwei Nutzungsphasen erfahren. Das äußere, weiter gefaßte Ufer, zu dem auch der Stiegenabgang gehörte, war durch eine Böschung mit losen Lehmbruchstücken und viele Kalksteinsplitter befestigt. Das kleinere, weiter innen liegende und somit jüngere Becken (Str. rel. c/1) hingegen war durch eine deutliche Böschung aus soliden Lehmplacken ausgekleidet, wie im Profil deutlich ersichtlich war.
 
 
 
Abb. 19
 
 
  Innerhalb des jüngeren Beckens, das immerhin die Breite von ca. 30 m (60 Ellen), an der Schmalseite erreichte (der südliche Rand konnte nicht festgestellt werden, er liegt vermutlich unter dem Grabungshaus) wurde später, nachdem es aufgefüllt war (Str. rel. b), ein kleines Gebäude in einem reinen Sandbett errichtet (Str. rel. a /2 – 3). Es gehört vermutlich in die Spätzeit.

Die gesamte Beckenstruktur kann durch die am spätesten zu datierenden Funde in den Auffüllungen zeitlich eingeordnet werden.

Die Funde aus der Auffüllung des Seebeckens sind vielfältig (Abb. 20 und Abb. 21) sowohl im Artenspektrum wie auch in den Datierungen. Die Keramik stammt überwiegend aus dem umgelagerten Schutt der abgegrabenen Siedlung, darunter waren Fragmente der zyprischen MC II Stufe (= mittelzyprisch II) mit Bemalung, aber auch ein poliertes Töpfchen, das der lokalen, kanaanäisch beeinflussten Mischkultur (Str. E) der frühen Hyksoszeit angehört. Aus der Füllung des jüngeren Seebeckens stammt z.B. eine Kanaanäische Amphore, die typologisch der Späten Bronzezeit II angehört und etwa ab der Amarnazeit (späte 18. Dynastie) (>>Tell el-Amarna) in Ägypten gut belegt ist. Daneben mehrere Steinfragmente, wie ein Bruchstück von einem erhabenen Relief (Figur die einen Stab hält), Reste von Gussmodeln und Windrohre, die auf Metallverarbeitung in der Nähe des Geländes schließen lassen.

Die Publikation des Grabungsareales ist in Vorbereitung (2005).
 
 
 
Abb. 20 Abb. 21
 
 
 
 
Bibliographie:
Hein, I.
1992 Two Excavation Areas from Tell el-Dabca. Preliminary Abstracts. Sesto congresso internazionale di egittologia, Atti, Vol. 1, Torino 1992, 249-253.
2003 Ein Zylindersiegel mit dem Namen des Nj-m3ct-Rc aus Tell el-Dabca.
In: R.M. HASITZKA/J. DIETHART/G. DEMBSKI (Hgr), Das Alte Ägypten und seine Nachbarn (FS Helmut Satzinger), Kremser Wissenschaftliche Reihe 3, Krems, 77 – 86.
2006 Die Fundpositionen zweier syrischer Siegelabformungen aus Tell el-Dabca. Im Druck
1994 Katalog: "Pharaonen und Fremde", 194. Sonderausstellung des Histor. Museums der Stadt Wien (6.9. - 25.10.1994, Volkshalle des Wiener Rathauses)
Literatur:
Bader B.
2001 Tell el-Dabca XIII, Typologie und Chronologie der Mergel C-Ton Keramik. Materialien zum Binnenhandel des Mittleren Reiches und der Zweiten Zwischenzeit. UZK ÖAW XIX. Wien 2001.
Bietak M.
1990 Zur Herkunft des Seth von Avaris. Ä&L I, 9-16.
1991a Tell el-Dabca V, Ein Friedhofsbezirk mit Totentempel der Mittleren Bronzezeit im östlichen Nildelta. (Unter Mitarbeit von Christa Mlinar und Angela Schwab). Untersuchungen der Zweigstelle Kairo des Österreichischen Archäologischen Institutes in Kairo. Wien.
1991b Egypt and Canaan during the Middle Bronze Age. BASOR 281, 28?72.
Collon D.
2006 New Seal Impressions from Tell el-Dabca. In: Czerny/ Hein /Hunger/ Melman/ Schwab (Eds.), Timelines, Studies in Honour of Manfred Bietak, vol. II, 97 – 101.
Hein I.
2006 Die Fundpositionen zweier syrischer Siegelabformungen aus Tell el-Dabca.
In: Czerny/Hein/Hunger/Melman/Schwab (Eds.), Timelines, Studies in Honour of Manfred Bietak, vol. II, 135–148
Maguire L. C.
1995 Tell el-Dabca, the Cypriote Connection. In: Davies, W.V. & Schofield, L. (eds.) Egypt, the Aegean and the Levant, London, 54–65.
Müller V.
1996 Opfergruben der Mittleren Bronzezeit in Tell el-Dabca. Teil I: Auswertung und Deutung. Teil II: Katalog. Dissertation Georg-August Universität zu Göttingen
(MS, unpubliziert).